Schwarzer Samstag

Die Natur von ihrer dunklen Seite

Frühjahr 2017

 

Naturfotografie - ich liebe mein Hobby, genieße die stillen, friedlichen Stunden am zeitigen Morgen. Ich liebe die Natur, ihre Schönheit und Einzigartigkeit und versuche mit meinen Fotos auch anderen Menschen einen Teil dieses Wunderwerkes Natur zu vermitteln. Dies ist wohl Hauptanliegen eines jeden Naturfotografen.

Doch dass die Natur auch ihre Schattenseite hat, welche uns all zu oft grausam und ungerecht erscheint, blenden wird gern in unseren Fotos aus. Obwohl auch dies zur Natur gehört.

 

Eigentlich sollte dieser Textbeitrag ein ganz anderer werden. Die Fotos, welche ich dabei im Kopf hatte sollten eine Höckerschwanfamilie mit flauschigen Küken zeigen - Naturidylle pur an einem kleinen Biotop. Doch die Natur sah es anders vor.


Bereits seit 4 Jahren beobachte ich an einem kleinen Biotop Höckerschwäne, welche sich dort regelmäßig im zeitigen Frühjahr einfinden. Von Paarungsszenen bis zum Nestbau konnte ich ihre Aktivitäten verfolgen. Doch nie kam es bisher zur Brut.

In diesem Jahr fand sich erneut ein Schwanenpärchen ein, balzte und baute Nest. Doch anders als in den vergangenen Jahren kam es diesmal auch zur Brut. Noch war ich skeptisch, hatten die Schwäne doch in den vergangenen Jahren das Nest nach kurzer Zeit wieder verlassen. In diesem Jahr blieben sie. Über vier Wochen verfolgte ich das Brutgeschehen der Beiden. Ich zählte zum Schluss die Tage: 36, 37, 38 - ich besuchte die Schwäne täglich.

Als ich am 39. Tag ins Biotop kam sah ich sofort, irgendwas war anders. Das Schilf verbarg zwar den größten Teil des Nestes, doch der brütende Schwan hantierte heute geschäftig im Nest. Durch mein Teleobjektiv sah ich es dann, ein kleiner schwarzer Schnabel lugte durch das Schilf. Der erste Nachwuchs war geschlüpft.

 

Voller Erwartung fuhr ich am nächsten Nachmittag wieder ins Biotop. Einer der Altvögel befand sich auf dem Nest, der andere hielt sich in unmittelbarer Nähe auf und wich nicht von der Stelle. Ich wartete eineinhalb Stunden. Gerade wollte ich gehen, als sich  der Schwan langsam vom Nest erhob und ins Wasser glitt. Mehrmals drehte er den Hals und rief auffordernd. Und dann folgten sie der Mutter in das Wasser - zwei Handvoll flauschige Federbälle. Ich sah zum ersten Mal den Nachwuchs der Höckerschwäne.

Der Ausflug dauerte keine 5 Minuten und Mama Schwan scheuchte ihren Nachwuchs zurück ins schützende Nest.

Natürlich war ich am nächsten Tag wieder vor Ort. Heute führten die Schwäne bereits drei Küken mit sich. Morgen war Samstag und ich wollte 06.00 Uhr am Biotop sein, um die kleine Familie bei bestem Licht zu fotografieren. Am Morgen war ich schon vor dem Klingeln des Weckers wach. Als ich ins Biotop kam hörte ich schon von weitem das aufgeregte Krächzen der Blässhühner, welche in der Nähe des Schwanennestes ihre Jungen aufzogen. Mir schwante nichts Gutes. Als ich zum Teich kam sah ich gerade noch einen Greifvogel vom Schilf auffliegen. Ob es ein Bussard oder Milan war konnte ich nicht erkennen. Die beiden Schwäne schwammen aufgeregt vor ihrem Nest auf und ab - ohne ihren Nachwuchs. Für einen kurzen Moment hatte ich die Hoffnung, dass gleich die Küken aus dem Schilf auftauchen würden. Es waren doch drei - wenigstens eines der kleinen flauschigen Federknäule musste doch noch da sein. Es verging eine halbe Stunde, doch es zeigte sich keines der Küken. Hatte sich bereits in der Nacht ein Fuchs am Nest bedient und der Greifvogel hatte am Morgen den Rest erledigt? Tatsache war, den beiden Schwänen war kein einziger Nachwuchs geblieben.

Es tat weh, wie die Beiden suchend vor ihrem Nest ausharrten, immer wieder ins Schilf schauten. Einer der beiden Vögel stieg sogar in das Nest, verließ es jedoch gleich wieder.

In diesem Moment erschien mir die Natur grausam und ungerecht. Ich beobachtete das Schwanenpaar. Die Beiden verharrten immer noch am Nest, eng beieinander. Es schien als trauerten sie gemeinsam um ihre verlorenen Jungen.

Erst später, zuhause, machte ich mir die Realität bewusst. Auch das gehörte zur Natur - hart und sicher sehr schwer einzusehen, aber eben auch ein Teil des Kreislaufes der Natur. Vielleicht hatte ja der Fuchs auch einen Bau voller hungriger Jungtiere und der Greifvogel eine Brut zu versorgen?

 

Der Anblick der beiden nach ihrem Nachwuchs suchenden Schwäne ging mir trotzdem nicht so schnell aus dem Kopf.